Nützliche Idioten, schon wieder
- Goga Machavariani

- 5. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Die Meldung schlug wie ein Blitz ein: Mamuka Khazaradze und Badri Japaridze, zwei der prominentesten Oppositionspolitiker Georgiens, wurden am 5. September 2025 von keinem Geringeren als dem „Präsidenten“ Micheil Kawelashvili begnadigt.Die Gänsefüßchen sind kein Zufall, denn Kawelashvili ist ein Produkt der „Georgian Dream“-Maschinerie – jener Partei, die seit Jahren erfolgreich den Staat zur Bühne eines einzigen Mannes, Bidzina Iwanischwili, degradiert.
Die Begnadigung kam nicht etwa als Geste der Versöhnung, sondern als strategischer Schachzug. Und sie verrät mehr über das Wesen der georgischen „Demokratie“ als tausend Wahlkampfreden.
Manipulation als Staatskunst
Khazaradze nannte es selbst beim Namen: „Heute, was der sogenannte Präsident getan hat, ist ein rechtlicher Nonsens – Manipulation mit der Freiheit von Menschen.“ Treffender kann man es kaum formulieren. Die beiden Politiker, die noch im Juni für ihre Weigerung, vor einer handverlesenen Kommission zu erscheinen, zu acht Monaten Haft verurteilt wurden, sind plötzlich wieder frei. Zufall? Wohl kaum.Der Zeitpunkt ist allzu durchsichtig. Am Vortag endete die Registrierung für die Kommunalwahlen. Und siehe da: Genau jene Partei, deren Führer hinter Gittern saßen – „Lelo – Starke Georgien“ – darf nun offiziell als Kandidat antreten. Welch „Zufall“, dass Kawelashvili just in diesem Moment die Großzügigkeit des Präsidentenamtes entdeckt.
Russtaweli-Proteste: Hoffnung oder Farce?
Noch vor wenigen Wochen hatten viele Menschen auf der Rustaweli-Avenue gehofft, dass genau dieser Moment endlich die Augen öffnet. Dass Khazaradze und Japaridze begreifen, wie schädlich es ist, am Wahlzirkus teilzunehmen, und dass sie den Boykott erklären. Doch weit gefehlt. Stattdessen spielen sie weiter mit – brav, berechenbar, nützlich.Und so müssen wir es deutlich sagen: Wer an diesem inszenierten Spiel teilnimmt, macht sich zum „useful idiot“. Ein hartes Wort, aber nichts anderes beschreibt die Rolle jener Oppositionellen, die das System stabilisieren, indem sie es vor der Weltbühne als „pluralistisch“ tarnen.
Wahlen als „Squid Game“
Die Analogie ist altbekannt, aber sie passt wie nie zuvor. Georgiens Wahlen gleichen einem Squid Game: Die Opposition darf antreten, sich gegenseitig bekämpfen, Mandate gewinnen. Doch die Regeln diktiert der Veranstalter – das Regime. Und am Ende steht immer derselbe Gewinner.Die Opposition hofft, dass ein Sitz hier, ein Bürgermeisteramt dort, Einfluss verschafft. Doch jeder, der Tiflis 2021 erlebt hat, weiß: Selbst wenn die Opposition gewinnt, blockieren Ministerien die Haushalte, entmachten Beamte die Bürgermeister, werden Projekte eingefroren. Gewinnen bedeutet hier nichts. Außer: das Regime legitimieren.
„Wir müssen alle Kampffelder nutzen“ – wirklich?
Besonders zynisch klingt das Mantra der Oppositionsparteien: „Wir müssen alle Kampffelder nutzen.“Welch „Kampffelder“? Wer bestimmt die Regeln dieser Felder? Wer kontrolliert die Schiedsrichter?Es ist, als würde man in ein Schachspiel einsteigen, in dem der Gegner alle Figuren doppelt besitzt, die eigenen Bauern aber jederzeit verhaftet werden können. Ein Kampf? Nein, eine Farce.
Nutzen für das Regime
Man darf eines nicht übersehen: Für die georgische Regierung sind Wahlen kein Risiko, sondern ein Geschenk. Sie liefern die perfekte Kulisse, um westlichen Partnern die „Demokratie“ vorzuführen. Solange die Opposition mitmacht, kann Georgian Dream die Urnen präsentieren und behaupten: „Seht, alle dürfen antreten!“Internationale Partner sehen das Ritual, hören die „pluralistischen Stimmen“ und lassen sich beruhigen. Sanktionen bleiben aus, Hilfsgelder fließen weiter. Und das Regime lacht sich ins Fäustchen.
Was wäre die Alternative?
Natürlich stellt sich die Frage: Was wäre, wenn die Opposition geschlossen boykottierte? Würde das System kollabieren? Sicher nicht sofort. Aber es würde entlarvt. Die Show wäre zerstört. Die internationale Öffentlichkeit müsste über die Farce sprechen.Boykott ist kein Aufgeben. Boykott ist ein Akt der Delegitimierung. Alles andere ist schlichte Teilnahme an einem Spiel, das längst verloren ist.
Opposition im Dienst des Oligarchen
Khazaradze und Japaridze haben ihre Begnadigung nicht als Geschenk, sondern als Falle erkannt – und dennoch beschlossen, mitzuspielen. Rustaweli-Proteste hin oder her, Pathos und Kriegssprache hin oder her: Wer weiter auf dem Wahlfeld tanzt, legitimiert den Oligarchen und sein System.Und so bleibt uns nur, es in aller Schärfe zu sagen: Diese Art von „Opposition“ ist keine Alternative, sondern eine tragikomische Statistenrolle. Useful idiots, die das Regime braucht, um sich als Demokratie zu verkleiden.





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