Ein „Papst der Korruption”? Alexander Kartozia als neuer georgischer Botschafter in Berlin
- Ilia Topuria

- 1. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Die Ernennung von Alexander Kartozia zum neuen georgischen Botschafter in Berlin muss als eine schmerzhafte Missachtung jener Zehntausenden georgischen Bürger verstanden werden, die unter der im Bildungswesen grassierenden Korruption in den späten 90er und frühen 2000er Jahren litten. Kartozia mag sich heute als Philologe und Gelehrter präsentieren, doch seine politische Vita trägt die dunklen Flecken seiner Amtszeit als Bildungsminister von 1998 bis Ende 2003.

Dies war keine Ära kleiner Vergehen. Es war eine Zeit „grassierender Korruption“, die das Bildungssystem Georgiens von Grund auf aushöhlte. Die Korruption raubte Familien ihr Geld und, weit schlimmer, Studierenden ihre Bildung. Anstatt akademischer Leistung entschied Schmiergeld über den Zugang zu prestigeträchtigen Fakultäten. Ein besonderes Zentrum der Korruption war die Juristische Fakultät der Tifliser Staatsuniversität, darin sind sich praktisch alle Beobachter einig. Es waren keine kleinen Beträge – teils mussten Familien Tausende von Dollars zahlen, um ihren Kindern einen Studienplatz oder einen ordentlichen Abschluss zu sichern.
In der Zeit von Kartozia wurden ehrliche, brillante Akademiker gemobbt und verdrängt, während eine Generation heranwuchs, die sich Noten erkaufen konnte, ohne jemals eine Universität von innen gesehen zu haben. Die tiefgreifenden, negativen Auswirkungen dieser systemischen Zerstörung sind in Georgien bis heute spürbar. Einige der besonders wüsten Figuren des Georgischen Traumes sind Graduierte aus diesen Korruptionszeiten.
Kann man Kartozia als „Papst der Korruption” bezeichnen? Kritiker in den sozialen Medien in Georgien argumentieren, dass Kartozia der Plünderung des Bildungssystems jahrelang vorstand. Man könnte Kartozia zugestehen, dass er ein schwacher Papst war, der vielleicht sein Ressort gerne reformiert hätte. Eine solche umfassende Reform hat aber nie stattgefunden. Ein wirkliches Ringen darum war bei Kartozia auch nicht zu erkennen.
Kartozia, gegen den nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2004 ermittelt wurde und der dann das Land verließ, um eine Tätigkeit an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) aufzunehmen, hat bis heute jede politische Verantwortung für das desolate Erbe seiner fünfjährigen Amtszeit vermissen lassen.
Eine öffentliche Aufarbeitung oder gar eine Entschuldigung für den massiven Bildungsraub und den nachhaltigen Schaden, den er der georgischen Jugend und Gesellschaft zugefügt hat, oder zumindest hat geschehen lassen, ist nicht zu finden. Stattdessen scheint Kartozia seine Unfehlbarkeit weiter zu behaupten. Er und seine Frau sind primär für ihren aggressiven Angriffe auf nachfolgende Reformer bekannt, die dann die Korruption aus dem Bildungswesen eliminiert hatten.
Ende 2024 ist auch Rusudan Gorgiladze, die Ehefrau von Kartozia, einmal mehr unangenehm aufgefallen. Angesichts der handfesten Polizeigewalt gegen Demonstranten hatte Gorgiladze auf dem Propagandasender Imedi die damalige Präsidentin Salome Zourabichwili polemisch angegriffen, weil diese – zu Recht – die ungebremste Härte des Vorgehens kritisiert hatte. Gorgiladze ist weiterhin aktiv in der Propaganda für das georgische Regime. (Ein weiteres Indiz des unentschuldigten Nepotismus? Rusudan Kartozia war von 2000 bis Ende 2003 Vizeministerin der Bildung, direkt unter ihrem Ehemann.)
Die deutsche Hauptstadt sollte diese Besetzung nicht unreflektiert hinnehmen, so sehr sich Gorgiladze auch gerne als Gastgeberin zu inszenieren versucht. Er ist nun in Deutschland akkreditiert, aber Kartozias Vergangenheit bleibt ein politisches Problem. Alexander Kartozia sollte in Berlin nicht nur als formaler Vertreter eines Landes, sondern vor allem als Figur mit unbewältigter Vergangenheit wahrgenommen und von der deutschen Presse mit kritischen Fragen zu seinem fragwürdigen Wirken und dem angerichteten Schaden in Georgien konfrontiert werden.





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