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Ihr seid zu wenige für Demokratie – Grüße vom Ombudsmann

Es gibt Ämter, deren ursprünglicher Sinn eigentlich ziemlich klar ist. Der Ombudsmann – auch Volksanwalt genannt – sollte die Rechte der Bürger:innen verteidigen, besonders dann, wenn diese durch staatliche Gewalt bedroht werden. In Georgien hat sich diese Funktion unter Levan Ioseliani allerdings in etwas Neues verwandelt: in eine Art Erklärbär der Regierung, der Protestierenden freundlicherweise mitteilt, wann und unter welchen Bedingungen sie ihre Grundrechte überhaupt noch ausüben dürfen.

Die neue Mathematik der Menschenrechte

In einem vielsagenden Auftritt bei PalitraNews erklärte Herr Ioseliani jüngst, dass eine Straßenblockade nur dann legitim sei, wenn „genügend Menschen“ daran teilnehmen würden. 10, 20 oder auch 50 Demonstrierende seien seiner Ansicht nach zu wenig, um den Verkehr zu behindern. Womit er offenbar der festen Überzeugung ist, dass Demokratie eine Frage der Teilnehmerzahl ist – sozusagen eine Art Mengenrabatt für Grundrechte.

Besonders charmant wird es, wenn man bedenkt, dass bei den Protesten gegen Regierung nicht etwa eine Handvoll Leute auf der Straße steht, sondern Tag für Tag Hunderte, oft Tausende Bürger:innen. Aber warum sich mit Fakten aufhalten, wenn man so schön in die Regierungserzählung passt?

5.000 Lari Strafe: Ein kleines Geschenk an die Demokratie?

Levan Ioseliani, der einst mit dem Anspruch angetreten war, ein unparteiischer Schützer der Menschenrechte zu sein, entwickelt sich immer mehr zum kreativen Verteidiger staatlicher Repression. Dass 5.000 Lari Strafe – umgerechnet rund 1.700 Euro – für die meisten Menschen in Georgien ein finanzieller Todesstoß wären, erkennt er zwar theoretisch an, empfiehlt aber im selben Atemzug, Proteste einfach kleiner zu halten oder gleich ganz zu unterlassen.

Schließlich könne ja nicht jeder kommen und einfach so eine Straße blockieren, oder?

Der perfekte Ombudsmann – aus Sicht der Regierung

Sein Karriereweg als Ombudsmann verlief dabei genauso elegant wie seine Argumentation: gewählt mit massiver Unterstützung der Regierungspartei „Georgian Dream“, eingebettet in ein politisches Umfeld, das zunehmend autoritäre Züge trägt, und stets bereit, alles, was nach Protest riecht, als übertrieben oder unbedeutend abzutun.

Dass dabei fundamentale Prinzipien wie die Versammlungsfreiheit oder das Recht auf friedlichen Protest über Bord geworfen werden, scheint ihn wenig zu kümmern. Hauptsache, es bleibt ordentlich auf den Straßen – und unangenehme Fragen bleiben aus.

Eine traurige Bilanz für die Rechte der Bürger:innen

Natürlich könnte man hoffen, dass der Ombudsmann wenigstens bei offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen eine klare Haltung einnimmt. Doch selbst hier bleibt Ioseliani angenehm regierungsnah. Berichte über Polizeigewalt? Übertriebene Darstellung. Protestierende im Gefängnis? Alles ganz normale Justizroutine. Ein Gesetz, das NGOs und Medien als „Agenten“ stigmatisiert? Wird schon nicht so schlimm werden.

In einer Zeit, in der Georgien dringend mutige, unabhängige Stimmen bräuchte, präsentiert sich Levan Ioseliani als tragische Figur: ein Ombudsmann, der glaubt, Demokratie bestehe aus geordnetem Spazierengehen und Schweigen, solange keine fünfstellige Menschenmenge applaudiert.

Wenn der Ombudsmann zum Problem wird

Es ist eine bittere Ironie: Gerade der Mann, der eigentlich an vorderster Front die Rechte der Bürger:innen verteidigen müsste, hilft stattdessen dabei, sie Stück für Stück abzubauen. Vielleicht sollte Georgien in Zukunft die Stellenbeschreibung für den Ombudsmann anpassen: Gesucht wird nicht mehr ein Verteidiger der Freiheit, sondern ein eleganter Vermittler zwischen Unterdrückung und Schönrederei.

Wenn wenigstens bei der nächsten Protestwelle jemand daran denkt, Herrn Ioseliani einzuladen. Er könnte schließlich persönlich auszählen, ob es endlich genug Demonstrierende sind, um die Versammlung als legitim zu bezeichnen.


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