Georgiens Regierung zieht autoritäre Daumenschrauben fester: Internationale Gemeinschaft alarmiert
- Nina Tifliska
- vor 15 Stunden
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In der wunderbaren Demokratie Georgiens – zumindest jener, die uns von der Regierung täglich so eindringlich präsentiert wird – tut sich wieder einmal Erstaunliches: Die georgische Nichtregierungsorganisation „Georgische Junge Anwälte“ (GYLA) hat beschlossen, ganze 15 internationale Menschenrechtsmechanismen über die jüngsten Eskapaden der Regierung aufzuklären. Es geht um jene Gesetze, die unter dem netten Deckmantel des „Schutzes vor ausländischem Einfluss“ verabschiedet wurden. Die Rede ist von den mittlerweile berüchtigten Regelwerken „Akt zur Registrierung ausländischer Agenten“ sowie den Änderungen am „Gesetz über Grants“.
Diese Gesetze klingen zunächst harmlos und womöglich sogar notwendig – wer will schließlich schon ungehemmte ausländische Einflussnahme? Doch wer genauer hinsieht, bemerkt schnell, dass die Formulierungen dieser Gesetze so bewusst vage und ausufernd gewählt wurden, dass sie bequem in jedes politische Narrativ hineinpassen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – oder wie wir bei tiflis24.de immer sagen: Wer nichts zu verbergen hat, dem dürfte ja ohnehin nichts passieren. Die Realität sieht jedoch leider anders aus.
Die Regierung unter der Führung der Partei „Georgischer Traum“ nutzt diese „gut gemeinten“ Gesetze vielmehr dazu, ihre eigene Machtbasis zu festigen und gezielt Kritiker mundtot zu machen. Eine schockierende Wendung – wer hätte gedacht, dass Gesetze, die autoritäre Züge tragen, letztlich autoritär genutzt werden könnten?
Amerikanisches Vorbild als Feigenblatt – Wirklich?
Die georgische Regierung behauptet immer wieder gerne, ihr Gesetz sei lediglich eine Art Kopie des amerikanischen „Foreign Agents Registration Act“ (FARA). Doch dieser Vergleich hinkt nicht nur, er humpelt regelrecht durchs politische Tiflis. Während FARA sich ausschließlich auf Lobbystätigkeiten bezieht und zivilgesellschaftliche Organisationen, die lediglich Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, in Ruhe lässt, eröffnet das georgische Gesetz den Behörden sämtliche Türen für willkürliche Verfolgung und Überwachung.
„Georgischer Traum“ bedient sich damit bewusst einer Mogelpackung, die nach außen demokratische Werte vortäuscht, während im Inneren knallharte Repression betrieben wird. Aber gut, Demokratie-Attrappe ist ja auch irgendwie ein Markenzeichen geworden – nicht nur hier in Georgien, aber leider hier besonders effektiv.
Keine Grants ohne Erlaubnis – Danke, liebe Regierung!
Zusätzlich zum Agenten-Gesetz hat die georgische Regierung Änderungen im „Gesetz über Grants“ vorgenommen. Nun dürfen Nichtregierungsorganisationen keine ausländischen Grants ohne ausdrückliche Erlaubnis der Regierung annehmen. Praktisch, nicht wahr? So kann man schließlich wunderbar kontrollieren, wer was wann und warum sagt – oder eben nicht sagt.
Diese Regelungen bilden ein neues Werkzeug, mit dem die Regierung kritische Stimmen elegant und scheinbar rechtmäßig zum Schweigen bringt. Es dürfte nicht überraschen, wenn sich bald herausstellt, dass regierungsnahe Organisationen natürlich stets problemlos alle Erlaubnisse erhalten, während kritischere Stimmen plötzlich auf ominöse bürokratische Schwierigkeiten stoßen.
Protest? Lieber nicht, sonst drohen hohe Strafen
Diese Gesetze sind nicht isoliert zu betrachten, sondern Teil eines größeren, systematischen Vorgehens gegen demokratische Freiheiten. In den letzten Monaten haben wir bereits erlebt, wie die Regierung mit friedlichen Demonstranten umgeht: Hohe Geldstrafen, systematische Einschüchterung und sogar Folter und unmenschliche Behandlung gehören leider mittlerweile zum traurigen Alltag der georgischen Protestbewegung.
Die Regierung scheint fest entschlossen zu sein, jede Form des Widerstands im Keim zu ersticken – eine bemerkenswerte Strategie für ein Land, das offiziell immer noch nach Europa und in den Westen strebt. Ein demokratischer Albtraum, sozusagen – oder einfach nur „Georgischer Traum“, wie die Partei ironischerweise heißt.
Staatliche Institutionen – Unabhängig? Fehlanzeige!
Ein weiterer, kritischer Punkt, der in der Kommunikation von GYLA betont wird, betrifft die angeblich unabhängigen staatlichen Institutionen, die Gesetze interpretieren und umsetzen sollen. Diese Institutionen, so die bittere Realität, sind mittlerweile vollkommen vom „Georgischen Traum“ vereinnahmt und dienen in erster Linie den Interessen der Partei statt denen der Bevölkerung.
Es grenzt fast an Satire, dass eine Partei, die sich angeblich für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzt, sämtliche Kontrollmechanismen abschafft und Institutionen zu Instrumenten ihrer eigenen politischen Agenda degradiert.
Internationale Gemeinschaft ist gefragt
Angesichts dieser Situation fordert GYLA die internationale Gemeinschaft auf, klar Stellung zu beziehen und die georgische Zivilgesellschaft sowie unabhängige Medien massiv zu unterstützen. Ob dieser Aufruf tatsächlich Gehör findet, wird spannend zu beobachten sein. Denn eines ist klar: Wenn Europa und der Westen die georgische Demokratie weiterhin als Erfolgsmodell preisen wollen, dann sollten sie lieber bald handeln – bevor das demokratische Feigenblatt endgültig von der autokratischen Realität verschlungen wird.
Und bis dahin bleibt uns bei tiflis24.de nichts weiter übrig, als kritisch hinzuschauen, ironisch zu kommentieren und die wenigen noch verbliebenen Freiheiten in Georgien lautstark zu verteidigen. Immerhin – Sarkasmus können uns selbst repressive Gesetze nicht verbieten. Noch nicht zumindest.
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