Untersuchungshaft für Japaridze: Wenn politischer Widerstand zum Verbrechen erklärt wird
- Nina Tifliska
- 22. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Justiz in Georgien: unabhängig wie ein Presslufthammer auf Parteibefehl
Das Stadtgericht Tiflis hat am 22. Mai 2025 den Vorsitzenden der Oppositionspartei Girchi – More Freedom, Zurab Japaridze, in Untersuchungshaft genommen. Der Grund: Japaridze hatte sich geweigert, eine vom Gericht festgelegte Kaution zu zahlen. Diese wiederum war verhängt worden, weil er eine Vorladung der vom Parlament eingesetzten „Untersuchungskommission“ ignorierte – jenes Gremium, das auf dem Papier zur Aufklärung dient, in der Praxis aber als Disziplinierungsinstrument der Regierungspartei Georgian Dream funktioniert.
Einladung zum Machtmissbrauch
Was war geschehen? Die temporäre Untersuchungskommission des georgischen Parlaments, deren Unparteilichkeit ungefähr so glaubwürdig ist wie ein Unabhängigkeitsversprechen von Rosneft, hatte Japaridze vorgeladen. Der verweigerte jedoch die Kooperation mit einem Gremium, das er – zurecht – als illegitim bezeichnete. Anstatt diese politische Aussage als Teil der demokratischen Debatte zu respektieren, reagierte die Justiz mit Zwangsmaßnahmen. Die Botschaft ist klar: Wer sich widersetzt, wird weggesperrt.
Pretrial Detention – georgische Spezialität
In funktionierenden Demokratien gilt die Untersuchungshaft als ultima ratio, also als letztes Mittel, wenn Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr besteht. In Georgien hingegen scheint sie vor allem dann zur Anwendung zu kommen, wenn jemand dem Regime auf die Nerven geht. Dass Japaridze nun tatsächlich inhaftiert wurde, markiert einen neuen Tiefpunkt: Die Weigerung, sich einem parteigesteuerten Ausschuss zu beugen, wird kriminalisiert.
Gericht oder Parteizentrale?
Die Entscheidung des Tbilisi City Court dürfte nicht ganz zufällig gefallen sein – vielmehr zeigt sie erneut, wie eng die Justiz mit der Regierungspartei verbandelt ist. Die Unabhängigkeit der Gerichte wird in Georgien regelmäßig in Frage gestellt – nicht nur von NGOs und Menschenrechtsorganisationen, sondern auch von internationalen Institutionen. Die Venice Commission der EU, die OSZE und Amnesty International haben mehrfach kritisiert, dass Richter:innen in Georgien unter direktem Einfluss der Exekutive stehen.
Der Fall Japaridze als Warnsignal
Die Inhaftierung eines bekannten Oppositionspolitikers kurz vor den Wahlen ist kein Betriebsunfall. Sie ist ein klares Signal: Wer sich Georgian Dream nicht beugt, wird nicht ignoriert – sondern kriminalisiert. Die georgische Regierung baut auf Einschüchterung statt auf Argumente. Und die Justiz hilft fleißig mit.
Zur Erinnerung: Im März 2024 erklärte Amnesty International, dass „die georgische Regierung systematisch rechtsstaatliche Prinzipien untergräbt und die Justiz zur Einschüchterung von politischen Gegnern nutzt.“ Der Fall Japaridze liefert den Beleg.
Was bleibt? Hoffnung – vielleicht im Ausland
Während sich europäische Politiker:innen um diplomatische Formulierungen bemühen, wird in Tiflis Oppositionspolitik ins Gefängnis verlegt. Die Frage ist längst nicht mehr, ob der Rechtsstaat in Georgien ausgehöhlt wird, sondern wie schnell.
Japaridzes Fall sollte nicht als Randnotiz der politischen Geschichte Georgiens abgetan werden. Er ist symptomatisch für eine Regierung, die jede Kritik als Angriff wertet – und entsprechend handelt.
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